Redispatch

Stellen wir uns einen Windpark im herbstlich stürmischen Norden vor. Voller Kraft drehen sich die Windräder und erzeugen grünen Strom. Unterdessen wird im Süden Deutschlands verstärkt Strom nachgefragt. Es ist die dunkle Jahreszeit und die Industrie brummt. Weil es noch an den passenden Leitungen fehlt, um den nachgefragten Strom schnell genug von Nord nach Süd zu transportieren, wird, noch bevor es zu einer Überlastung kommen kann, das Windrad stillgelegt. Für den dann im Süden fehlenden Strom wird die Leistung eines konventionellen Kraftwerks hochgefahren.

Diese Maßnahmen werden als Redispatch bezeichnet. Bisher wurden hierzu konventionelle Kraftwerke im Übertragungsnetz angewiesen. Durch die Einbeziehung von Windkraftanlagen und anderen Erneuerbare-Energien-Anlagen in diesen planwertbasierten Prozess sollen die Netzbetreiber in die Lage versetzt werden, effizienter und mit deutlich mehr Planungssicherheit die Netzsicherheit zu gewährleisten.

Noch werden Redispatch-Maßnahmen ausschließlich auf der Übertragungsnetzebene durchgeführt und koordiniert. Diese Logik verändert sich mit einer Einbeziehung von Erneuerbare-Energien-Anlagen. So können die Potentiale für den Übertragungsnetzbetreiber nutzbar gemacht werden, müssen aber gleichzeitig auch für die Bewirtschaftung von Engpässen in den Verteilnetzen in Betracht gezogen werden. Dafür ist eine engere Abstimmung zwischen den Netzebenen notwendig.

Die Verteilnetzbetreiber der ARGE FNB OST haben sich zu Grundsätzen einer Weiterentwicklung des Engpassmanagements abgestimmt. In der Kooperation mit 50Hertz wurden bereits erste Lösungskonzepte erarbeitet. Insbesondere der Koordinierungsprozess zwischen den Netzbetreibern muss neu ausgestaltet und abgestimmt werden.

Grundlegend wird dabei ein „Bottom-up“-Ansatz verfolgt, in dem zunächst eigene Engpässe geplant oder unzulässige Auswirkungen bewertet werden. Die darüber hinaus bestehenden Potentiale können dann an der Schnittstelle dem vorgelagerten Netzbetreiber zur Verfügung gestellt werden.

Die Verantwortung sowohl für die eigenen Engpässe als auch für die Ansteuerung von Anlagen im Netz liegt beim jeweiligen Anschlussnetzbetreiber.

So funktioniert Redispatch

Für die Verteilnetzbetreiber besteht die Herausforderung darin, neue Prozesse und Systeme zu entwickeln und im täglichen Netzbetrieb zu integrieren. Hierzu ist vor allem der Datenaustausch zwischen allen Beteiligten neu zu regeln und durch geeignete Formate und Prozesse umzusetzen. Zu beachten ist dabei, dass die etablierten und bisher angewendeten Prozesse im Rahmen von Notfallmaßnahmen weiterhin bestehen bleiben

Da die Engpassplanung in Zukunft zunehmend auf Basis von planwertbasierten Prozessen abläuft, sind in ein zukünftiges System außerdem Planungsdaten und Prognosen bei den Verteilnetzbetreibern zu integrieren.

Eine weitere Aufgabe der Netzbetreiber im planwertbasierten Prozess besteht im energetischen und bilanziellen Ausgleich der durchzuführenden Maßnahmen. Bisher wird dieser Ausgleich im Rahmen von operativen Maßnahmen durch die Bilanzkreisverantwortlichen unkoordiniert und mit sehr kurzen Vorlaufzeiten durchgeführt.

Durch eine Koordinierung des Ausgleichs über die Netzbetreiber sollen in Zukunft Effizienzen gehoben und Synergien geschaffen werden.

Durch die Einbeziehung von Erneuerbare-Energien-Anlagen wird eine engere Abstimmung zwischen den Netzebenen notwendig.

Im Rahmen eines Pilotvorhabens in Kooperation des ARGE FNB OST-Netzbetreibers MITNETZ STROM und dem Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz sollen einzelne Maßnahmen und Prozesse zum Redispatch praktisch erprobt werden. Der gesamte Redispatch-Prozess auf der Ebene der Verteilnetzbetreiber soll dabei im Rahmen verschiedener Szenarien (VNB-Engpass, ÜNB-Engpass) getestet werden.

Darüber hinaus sollen relevante Netzkunden in den Prozess eingebunden werden. In diesem Zusammenhang sollen notwendige Änderungen im bisherigen Ablauf des Datenaustauschs erkannt werden und die gesammelten Erkenntnisse die Grundlage für eine Neuordnung bilden.